Hintergründe zum sozialen Kahlschlag in Deutschland
Mitursache ist ein Zwei-Klassen-System
Der soziale Kahlschlag in den vergangenen Jahren hat verschiedene Ursachen. An dieser Stelle sollen hier nicht alle aufgeführt werden. Jedoch soll hier auf eine Besonderheit im deutschen Sozialsystem aufmerksam gemacht werden, welche in den meisten Staaten unbekannt ist. Auch ist man sich in breiten Teilen der deutschen Bevölkerung diesem Umstand nicht tagtäglich bewusst - schon gar nicht den Folgen, die dies für die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung bedeutet. Diese Besonderheit im deutschen Sozialsystem ist die Versicherungspflichtgrenze.
Die Versicherungspflichtgrenze, auch Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG), ist in Deutschland eine Sozialversicherungs-Rechengröße, die bestimmt, ab welcher Höhe des jährlichen Arbeitsentgelts (bzw. Rente) ein Arbeitnehmer (oder Rentner) nicht mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sein muss. Der Versicherte kann sich dann entscheiden, in eine private Krankenversicherung zu wechseln. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze grenzt damit den Markt zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung ab und ist daher seit vielen Jahrzehnten Gegenstand gesundheitspolitischer Kontroversen.
Im laufenden Jahr (2015) bedeutet dies in Zahlen bei der so genannten allgemeinen Grenze (§ 6 Abs. 6 SGV V), dass man bei einem Monatseinkommen von 4.575,00 € und darüber bzw. bei einem jährlichen Einkommen von 54.900,00 € und mehr selber entscheiden kann, ob man von der gesetzlichen Krankenkasse in eine private Krankenkasse wechseln möchte. Für alle anderen Personen, deren Einkommen unter dieser Einkommensgrenze liegt, besteht gesetzliche Versicherungspflicht.
Die private Krankenversicherung hat der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber viele Vorteile. Dabei richten sich einige Vorteile aber nach dem gewählten Tarif der privaten Krankenversicherung. Die wesentlichen Vorteile einer privaten Krankenversicherung sind folgende:
Freie Arzt- und Krankenhauswahl: Ein Vorteil der PKV ist ganz klar die freie Wahl des Arztes und des Krankenhauses. Der Privatversicherte entscheidet selber von welchem Arzt bzw. in welchem Krankenhaus er behandelt werden möchte.
Chefarztbehandlung und Einbettzimmer: Eine private Krankenversicherung (PKV) ermöglicht dem Privatversicherten die Behandlung durch einen Chefarzt sowie die Belegung eines Einbettzimmers im Krankenhaus.
Kostenerstattung beim Zahnersatz: Durch eine entsprechende PKV muss der Privatversicherte beim Zahneratz weniger zuzahlen.
Individuelle Zusammenstellung: Der Privatversicherte kann die Leistungen seiner PKV individuell zusammenstellen. Dies hat zusätzlich eine individuelle Preisgestaltung zur Folge.
Beitragsrückerstattungen: Bei Nichtinanspruchnahme gewähren dem Privatversicherten manche PKV eine Beitragsrückerstattung von in der Regel bis zu drei Monatsbeiträgen.
Weltweiter Krankenschutz: Ein weltweiter Krankenschutz ist in einer PKV möglich.
Alternative Behandlungsmethoden: Eine PKV ermöglicht dem Privatversicherten die Wahl von Alternativmedizin bzw. alternativen Behandlungsmethoden.
Kürzere Wartezeiten: Patienten mit einer PKV genießen in der Regel eine schnellere Terminfindung mit Ärzten und Krankenhäusern sowie kürzere Wartezeiten. Das liegt daran, dass Ärzte höhere Kostensätze als bei gesetzlich Krankenversicherten abrechnen können.
Eventuell günstiger: Zumindestens für Singles kann die PKV deutlich güntiger sein. Zudem gibt es einen höheren Leistungsumfang. Einmal vertraglich zugesicherte Leistungen seitens der Privaten Krankenversicherung bleiben erhalten.
Wechsel in Basistarif: Wer im Ruhestand am Beitrag der PKV sparen möchte, kann in den so genannten Basistarif wechseln. Hier sind die Leistungen vergleichbar mit der gesetzlichen Krankenversicherung oder einzelne Bausteine wie z.B. Einbettzimmer und Chefarztbehandlung können abgewählt werden.
Vorteil bei den Rentenbezügen: Auf die gesetzliche Rente und Betriebsrenten sind Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu bezahlen. Privat Krankenversicherte haben den Vorteil, dass ihr Beitrag nicht anhand der vorhanden Rentenbezüge berechnet oder erhöht wird.
Kostenvorteil bei steigendem Einkommen: Da die Beiträge zur PKV nicht mit dem Einkommen steigen, wird bei einem zu erwartenden steigenden Einkommen der Kostenvorteil zur gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel immer höher.
Faxit: Wer viel verdient hat wesentliche Vorteile bei seiner Krankenversicherung. Wer nicht so viel verdient, kann diese Vorteile nicht in Anspruch nehmen. Er ist nicht bei einer privaten Krankenkasse versichert, sondern per Gesetz verpflichtet in der gesetzlichen Krankenkasse versichert zu sein. Damit existiert ein Zwei Klassen System: eine priviligierte Klasse mit höherem Einkommen und besseren Krankenversicherungsbedingungen und eine unterpriviligierte Klasse mit weniger Einkommen und schlechteren Bedingungen bei der Krankenversicherung. Dieses Zwei-Klassen-System wird in Deutschland ermöglicht durch die Versicherungspflichtgrenze, die in den meisten anderen Staaten unbekannt ist.
Letzte Aktualisierung am 13.02.2018
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